Möglicherweise slawischen Ursprungs? Namen Grambow, Gühlen, Sandow, Zicker

  • Hallo allerseits,


    nachdem ich mich etwas eingehender mit der Geschichte der Mark Brandenburg beschäftigt habe, überlege ich, ob die Namen zumindest einiger meiner dortigen adligen Vorfahrenfamilien jenseits des gesicherten Vorkommens als Ortsnamen einen slawischen Ursprung haben - und was sie dann möglicherweise bedeuten.


    Hat jemand von Euch eine Idee oder hinreichende Kenntisse, um die Bedeutungen zu entschlüsseln?
    Die Familie Zicker wurde übrigens in frühen Urkunden teils auch "Czyker" geschrieben, die übrigen Namen wurden mit geringfügigen Abweichungen seit dem frühesten mir bekannten Vorkommen (13. Jh.) immer annähernd gleich geschrieben.


    Liebe Grüße!

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Hallo Sbriglione,


    so einfach ist es nicht! Die Endungen "ow" Grambow, Güstrow, sprich =Grambo und Güstro, sowie "itz" Spornitz, Bandenitz sind slawischen Ursprungs. Das trifft nur für Ortsbezeichnungen zu! Familiennamen entstanden später. Wenn einer aus der Prignitz kam, war es der Prignitzer oder aus Grabow war der Grabower.


    Die Bezeichnung "Czyker" für " Zicker" war regional in der Zeit üblich oder typisch. Aus Heinrich Schliemann wurde Henrycus Slymann und später wieder Heinrich Schliemann.


    Nur itz oder iz oder ow ist slawisch. Der Rest nicht!


    Beste Grüße Lupus

    Nicht Gold hat die Welt verändert, es war das Blei.
    Nicht das Blei aus der Flinte, eher das Blei aus dem Setzkasten (Willi)

  • Hallo Giacomo,


    Grambow, Sandow und Zicker sind Herkunftsnamen.


    Grambow ist ein wendischer Ortsname. Entweder leitet sich die Herkunft von der Gramme ab, die in die Unstrut fließt, oder vom Moorwasser „gram“. "ow" ist meist slaw.und bedeutet abstammend oder ein Ort.
    Sandow ist ein Ortsteil von Cottbus.
    Gühlen ist ein ostdeutsch-slawischer Name. Es könnte ein Übername sein und bedeutet Glatze. Kahlemann heißt auf slaw. Gohlke. Eventuell aber auch ein Name, der aus Gertrud über Gelen zu Gehlen gebildet wurde.
    Zicker ist ein Ort auf Rügen und die Namensgeber könnten die Singdrossel oder Wiesenpieper sein.


    Viele Grüße, Ursula

    Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Ich gieß Wasser zur Suppe und heiß alle willkommen.


    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Lupus, hallo Ursula,


    herzlichen Dank für die Interpretationen!
    Schade, dass die mir bekannten Wappen meiner Vorfahren allem Anschein nach in keinem einzigen Fall etwas mit deren Namen zu tun haben (höchstens, wenn der Name "Sandow" irgend etwas mit Wasser zu tun haben sollte: der auf deren Wappen gezeigte Klee könnte (wie auch der im Wappen der Stadt Hannover) in Wirklichkeit eine Pflanze (Wasserlinse?) abbilden!
    Wenn Zicker statt mit einem Vogel etwas mit einem Fuchs oder Wolf zu tun hätte, Gram etwas mit einem Eber, Gühlen etwas mit einem Einhorn (wenn nicht das Horn die Glatze symbolisieren sollte), wäre alles noch schöner gewesen. Aber selbst mein am stärksten "redender" Adelsname "v. Fratz" hat nichts mit DEREN Wappen zu tun (einem Pfau - und damit anscheinend ein Unikat beim Adel im weiten Umfeld).


    Der Name für das Flüsschen Gramme hatte sicherlich auch etwas mit dem slawischen Wort für Moorwasser zu tun. Die Interpretatation erscheint mir auf jeden Fall zwingend, weil sowohl der Ort Grambow, als auch die Besitztümer meiner Familie v. Grambow in einem Gebiet mit vielen sumpfigen Gewässern lagen.


    Bei den v. Sandow und v. Grambow halte ich einen slawischen Ursprung auch jenseits des Namens für sehr wahrscheinlich: beide Familien hatten ihre Schwerpunkte in Gebieten, in denen sich slawische Herren durch freiwillige Christianisierung und Unterwerfung über die Eroberung hinaus als regionale Machthaber halten konnten (das könnte aber theoretisch auch für die v. Zicker zutreffen - wobei Rügen damals möglicherweise nordgermanisches Siedlungsgebiet war, was ich aber leider nicht sicher weiß). Die Gebiete der v. Gühlen lagen ursprünglich im Randgebiet der Herrschaft Ruppin (die ja ein erobertes Gebiet war) und die der v. Fratz mitten darin, was auch zu dem recht "deutschen" Namen passt...


    Viele Grüße


    Giacomo

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  • Hallo Giacomo,


    meine "Weisheit" hatte ich aus Bahlow, Dtv-Namenskunde und Wörterbuchnetz. Nach dem Lesen Deiner Antwort habe ich Gühlen gegoogelt.


    Gühlen ist auch ein Ortsteil von Neu-Ruppin; nur das Einhorn passt da nicht hin. Waren Deine frühen Vorfahren Apotheker? Die führten ja oft das Symbol an ihrem Haus. Die Frau hat dann den Namen Gühlen aus ihrem Heimatort mitgebracht?


    Welches Jahrhundert für die jeweiligen Namen meinst Du?


    Viele Grüße, Ursula

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    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Ursula,


    meine Vorfahren in der Region waren Adelsfamilien. Die v. Sandows habe ich bis 1663 (in dem Jahr sind sie mit dem Tod meines letzten adligen Vorfahren als Adelsfamilie ausgestorben), die v. Fratz bis ca. 1610, die übrigen Familien bis etwa Mitte des 16. Jahrhunderts.
    Die v. Sandow sind übrigens deshalb als Adelsfamilie ausgestorben, weil mein letzter Vorfahre der Linie als Deutschordensritter eigentlich keine Kinder haben durfte (sein Sohn wurde zwar von ihm selbst anerkannt, nicht aber vom Markgrafen) und sein einziger Bruder keinen männlichen Nachwuchs hatte...


    Meine letzte Vorfahrin der Familie v. Gühlen war um 1527 die Ehefrau meines Vorfahren Achim v. Fratz in Kränzlin und die Schwester eines Germanus v. Gühlen in Nackel. Weil der aber Nackel erst nach dem Aussterben der vorher dort lebenden Gühlen-Linie übernommen hat, muss sie aus Barsikow stammen.


    Falls Du selbst Vorfahren in der Region haben solltest: zu meinen dortigen Linien gehört auch noch eine Linie v. Schönermarck, die teils mit, teils ohne Adelstitel in Kyritz, Wusterhausen/Dosse und Metzelthin ansässig war. Dadurch, dass ich von all diesen Familien Lehensbriefe gefunden habe, kenne ich sämtliche Orte, in denen sie im 16. Jahrhundert begütert waren und in vielen Fällen auch die Namen der ihnen damals untertänigen Bauernfamilien. Ich könnte also in den betreffenden Orten auch bei der Suche nach alten Bauernfamilien behilflich sein.


    Viele Grüße


    Giacomo

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  • Hallo Giacomo,


    danke für das Angebot, aber ich habe in der Region keine Vorfahren.
    Vielleicht liest jemand mit, der Dein Angebot gerne annimmt.


    Mal eine Frage zu Deinen Wappen. Warum glaubst Du, diese Symbole (Klee, Fuchs, Wolf, Eber und Einhorn) müssen mit der Deutung des Namens zusammen hängen? Ich bin überhaupt kein Experte, aber dass es Wappentiere/-blumen gab, die nichts mit den Namen zu tun haben, weiß ich. Z.B. Löwe, Adler, Drache, Lilie, Rose.
    Vielleicht haben sich die Wappeninhaber einfach ein schönes oder kraftvolles Sinnbild ausgesucht. Falls die eine Adelsfamilie wirklich aus Zicker kam, machte ja ein Fuchs oder Wolf mehr her, als ein Vögelchen.


    Aber ich lasse mich gerne belehren, dies ist Neuland für mich.


    Viele Grüße, Ursula

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    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Ursula,


    die Wappensymbole hatten selbstverständlich nicht immer etwas mit den Namen zu tun, aber doch immerhin gelegentlich. Es hätte mich einfach gefreut, wenn es in meinen Fällen diesen Bezug gegeben hätte. Und warum nicht im Zweifelsfalle auch einen Singvogel als Wappen? Solche Wappen sind mir durchaus bekannt! Was die Wappenbilder an sich betrifft, gefallen sie mir bei all meinen Adelsfamilien.


    Bei meinen v. Sandow und v. Schönermarck meine ich sogar, räumliche Bezüge zu erkennen und das Fratz-Wappen (der Pfau) fällt in Motiv und Farbwahl auch jenseits seiner Schönheit ziemlich aus dem Rahmen dessen, was ich sonst so kenne: Vogelschwingen, Blumen, Eber, Einhörner und Füchse sind als Wappenbilder nicht gerade selten. Aber eine Abbildung eines ganzen Pfaus (und nicht nur von einzelnen Pfauenfedern) dürfte im deutschsprachigen Raum absolut einmalig sein! Und dieses Wappen hatte womöglich zumindest einen indirekten Bezug zum Familiennamen: wenn ich vermute, dass der Name Fratz nicht vom Tier kommt, sondern von der "Fratze", wäre die folgende Überlegung denkbar: die ersten so benannten Vertreter der Familie haben zur Abschreckung des Gegners vor dem Kampf eine "Fratze" gezogen - und der Pfau gibt sich zur Abschreckung seiner Gegner durch das Radschlagen ein gefährlicheres Aussehen... Das wäre ja immerhin eine mögliche Erklärung in diesem Fall.



    Viele Grüße


    Giacomo

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