Beforschung adliger Vorfahrenfamilien anhand von Zeugenschaften und/oder Wappenvergleichen?

  • Hallo allerseits,


    ich lese gerade ein für mich sehr spannendes Buch über die Ritterschaft des Erzstifts Bremen im Mittelalter. Da wird u.a. für einige Adelsfamilien versucht, ihre Frühgeschichte, Zusammenhänge mit anderen Familien und ihre standesmäßige Entwicklung anhand von Wappenvergleichen, Vornamenstraditionen, Rangbezeichnungen und Stellung innerhalb der Zeugenbenennung in Urkunden aufzuhellen (mit dem Vorbehalt, dass es sich dabei jeweils um Wahrscheinlichkeiten handelt).


    Hat das jemand von Euch auch schon mal versucht?


    Wenn ich die Herangehensweise des Autors richtig interpretiere, kommen u.a. folgende Punkte zusammen:


    1. ähnliche Wappen können auf einen gemeinsamen Ursprung deuten (wobei sich die Wahrscheinlichkeit mit der räumlichen Nähe erhöht);


    2. häufiges Vorkommen der gleichen Vornamen deuten auf einen gemeinsamen Ursprung; wenn eine Vornamenlinie innerhalb eines Familienzweiges "ausstirbt", deutet das darauf hin, dass sich innerhalb der Familie verschiedene Erblinien ausgebildet haben, von denen eine ausgestorben ist;


    3. bei Familien, deren Vertreter häufig in Urkunden dicht bei einander stehen, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf enge Verwandtschaft (wobei sich die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, sobald sie sich häufiger gegenseitig als Zeugen unterstützen);


    4. die Reihenfolge von Zeugenbenennungen sagt etwas über die rangmäßige Abstufung innerhalb der Zeugenschaft aus (Fürsten und hochrangige Priester vor Edelfreien, diese vor Ministerialen (es sei denn, die Ministerialen bekleiden einen besonders hohen Rang); Ritter - also die Gruppe der Kämpfer - rangieren innerhalb ihrer Gruppe vor Nichtkämpfern; innerhalb der gleichen Ranggruppe werden ältere Mitglieder vor jüngeren Mitgliedern genannt);


    5. ein Wechsel des Wappens innerhalb einer Familie kann u.a. folgende Ursachen haben: Ausbildung eines neuen Familienzweiges; Rangveränderungen; Wechsel des Stammsitzes; Wechsel des Lehensherren.


    Aus Punkt 4. sollte man - insbesondere, wenn man bereits einiges über den Rang der anderen Zeugen weiß - anscheinend u.a. Rückschlüsse darauf ziehen können, ob die eigene Adelsfamilie zu den Edelfreien oder zu den Ministerialen gehörte und ob es sich bei einem gleichnamigen Zeugen in einer jüngeren Urkunde aller Wahrscheinlichkeit nach um die gleiche Person oder um ein jüngeres Familienmitglied handelt.


    Stimmen diese Tendenzen nach eurer Erfahrung?


    P.S.:
    Bei dem von mir derzeit gelesenen Buch handelt es sich um: Trüper, Hans G. (2000): Ritter und Knappen zwischen Weser und Elbe.

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Hallo Sbriglione


    Du hast hier eine schöne Zusammenstellung, aus einem sehr interessanten Buch, gebracht. Sicher hat man mit diesen Erkenntnissen ein ganz hübsches Gerüst für die weiteren Forschungen. Über die Reihenfolge von Zeugenbenennungen habe ich noch nicht nachgedacht, finde aber plausibel, dass nach Rangfolge eingetragen wurde.


    Edelfreie und Ministerialen habe ich bisher ganz gut unterscheiden können, anhand ihrer Positionen und Tätigkeiten (......wenn DIESE dokumentiert sind)


    Grüße von Seerose :)