Hallo allerseits,
"normalerweise" bin ich bisher davon ausgegangen, dass bei Adelsfamilien jeweils die erstgeborenen Söhne als Haupterben galten und heirateten, während jüngere männliche Familienmitglieder (um das Erbe nicht all zu sehr zu zersplittern) gerne mal mit geistlichen Ämtern "versorgt" wurden (wenn sie es nicht vorzogen, sich beispielsweise als Söldner zu verdingen und ein eigenes Vermögen aufzubauen).
Normalerweise...
Ich wusste bisher schon von meinem Vorfahren Arndt v. Sandow (Deutschordenscomtur zu Langeln am Harz), dass er von dieser Regel abwich: er selbst wurde Deutschordensritter (und durfte entsprechend nicht heiraten, war aber "versorgt") und sein jüngerer Bruder war derjenige, der heiratete (allerdings im konkreten Fall, ohne überlebenden Nachwuchs zustande zu bringen, was meinem Vorfahren trotz "Keuschheitsgelübde" gelang).
Gestern habe ich mich mal mit einem der engsten "Kollegen" meines Vorfahren beschäftigt (sie waren wohl auch miteinander befreundet), nämlich mit Ludolph Klencke (Comtur der Kommende Göttingen). Auch dieser war ein "ältester Sohn" und hätte (ganz im Gegensatz zu meinem Vorfahren, dessen Familie stark verschuldet war) sogar richtig viel zu erben gehabt.
Wohl gemerkt: beide waren "älteste Söhne", die - statt die Linie fortzusetzen - lieber ein Keuschheitsgelübde abgelegt haben. Ludolph Klencke hat dafür freiwillig auf ein Vermögen verzichtet (das Schloss und die Liegenschaften der Familie werden bis heute jeweils nur an ein einzelnes Familienmitglied weiter vererbt), wärend mein Vorfahre gemeinsam mit seinem Bruder geerbt hat (es gab praktischerweise zwei Rittergüter)...
Nun weiß ich von bäuerlichen Familien im Raum Halberstadt, dass es da üblich war, dass der jeweils jüngste (aber bereits erwachsene) Sohn den Hof geerbt hat und seine Geschwister nach und nach "auszahlen" musste. Könnte es bei Adligen ähnliche Tendenzen gegeben haben?
Oder muss man davon ausgehen, dass Arndt und Ludolph Ausnahmen von der Regel waren, die sich aus persönlichen Gründen zum Deutschen Orden hingezogen gefühlt haben?
Ich bin gespannt auf eure Rückmeldungen und Ideen!
Grüße
Giacomo
P.S.: ein möglicherweise noch interessantes Details: der Vater meines Vorfahren war spannenderweise ein jüngerer Sohn, dessen älterer Bruder (aus welchen Gründen auch immer) anscheinend gleichfalls nicht verheiratet war, was ja fast wirklich so wirkt, als habe es da eine Regel gegeben...