Brautvater ist „entwichen“

  • Hallo in die Runde,


    in einem Traueintrag von Dezember 1815 (KB Lochtum) ist in der Spalte < Name, Stand und Wohnort des Vaters der Braut > gut lesbar eingetragen:

    Christoph Mund, Häusling; entwichen


    Was bedeutet die Angabe „entwichen“?

    Meine einzige Idee dazu ist, dass er sich einem Militäreinsatz entziehen wollte - allerdings waren die Napoleonischen Kriege da schon beendet. Oder könnte er vor einer Strafverfolgung geflohen sein? Oder was kann das noch bedeuten?

    Freundliche Grüße
    Jörg


    Berlin und Umgebung: Mohr, Hartung, Zienicke, Krusnick, Grünack, Linto (vor 1750); Magdeburger Börde (rund um Egeln, etwa 1600 - 1800)
    Gera: Dix (vor 1740); Wunstorf: Brandes, Steinmann (vor 1800), Hildesheim: Michael (vor 1800); Gönningen (und Umgebung, vor 1650)

  • Hallo Jörg,


    vielleicht hat der Vater der Braut die Familie auch schon lange vor der Heirat verlassen,

    z. B., weil eine andere Frau im Spiel war.

    Ich habe den Fall, dass ein Urgroßvater meines Mannes mit 51 Jahren die Familie verließ,

    nachdem das jüngste Kind von insgesamt zehn mit der Schule fertig war. Das war 1901.

    In etlichen Heiratsurkunden der Kinder steht, er sei verschollen. Seit Jahren suche ich

    nach seinem Verbleib und seiner Sterbeurkunde, aber leider vergeblich bisher.

  • Hallo Henriette,


    das ist natürlich richtig, er kann ja schon vor längerer Zeit "entwichen" sein. Und das er ein neues leben irgendwo mit einer anderen Frau begonnen hat.

    Ich werde da vermutlich nicht viel weiterkommen. Es handelt sich hier um eine noch fast unbekannte Seitenlinie, die für mich eine niedrige Priorität hat.

    Aber ich habe von dir nun eine wahrscheinlichere Möglichkeit. Ich werde das erstmal so in die Bemerkungen schreiben.

    Vielen Dank!

    Das Thema setze ich trotzdem erstmal noch nicht auf "gelöst".

    Freundliche Grüße
    Jörg


    Berlin und Umgebung: Mohr, Hartung, Zienicke, Krusnick, Grünack, Linto (vor 1750); Magdeburger Börde (rund um Egeln, etwa 1600 - 1800)
    Gera: Dix (vor 1740); Wunstorf: Brandes, Steinmann (vor 1800), Hildesheim: Michael (vor 1800); Gönningen (und Umgebung, vor 1650)

  • Hallo Jörg,


    vielleicht entspricht "entwichen" dem "weiland" (ins Jenseits entwichen). Das ließe sich anhand des Sterbeeintrags des Brautvaters verifizieren.


    Gruß - Detlef

    Das ist mir noch nie untergekommen.


    Henriettes Vermutung mit "verlassen" ist überzeugend, "entwichen" im Zusammenhang mit Auswanderung gibt es auch.

    Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Ich gieß Wasser zur Suppe und heiß alle willkommen.


    Viele Grüße, Ursula

  • Das ist mir noch nie untergekommen.

    Mir auch nicht, Ursula.


    Das schließt aber nichts aus!

    Dennoch kommt das Entweichen in der Literatur häufig genug vor, meist ist da vom Entweichen der Seele im Todesfall die Rede.

    Ein Beispiel:

    "Wenn das magnetische Band reißt, kann die Seele aus eurem Körper entweichen. Frage: Wie kommen dann Geist und Seele wieder zueinander, wenn die magnetische Kraft, die doch die Verbindung zueinander hält, gerissen ist?..."

    (Quelle: Kordula Groß. Das Buch des Lebens: Wird Gott uns vergeben? Botschaften aus der geistigen Welt.)

  • Hallo Ursula und Detlef,


    auch euch Dank, dass ihr euch ebenfalls Gedanken zu meiner Frage gemacht habt.

    Ich habe inzwischen die Traueinträge +/- 5 Jahre durchgesehen, alle Einträge von ein und demselben Pfarrer.

    Mein Christoph ist der einzige "entwichene".

    Ansonsten steht bei den verstorbenen meist weil., vereinzelt weyl. und einmal auch weiland.


    Die Verwendung des Wortes "entwichen" in transzendental angehauchten Texten kenne ich, ich halte das aber hier für sehr unwahrscheinlich.

    Ich denke doch, dass es hier eine ganz banale "Flucht" vor irgendwas uns unbekanntem war - mit der Aussicht auf eine andere, bessere Situation.

    Sollte ich wider Erwarten doch noch auf einen Hinweis stoßen, werde ich das berichten.

    Freundliche Grüße
    Jörg


    Berlin und Umgebung: Mohr, Hartung, Zienicke, Krusnick, Grünack, Linto (vor 1750); Magdeburger Börde (rund um Egeln, etwa 1600 - 1800)
    Gera: Dix (vor 1740); Wunstorf: Brandes, Steinmann (vor 1800), Hildesheim: Michael (vor 1800); Gönningen (und Umgebung, vor 1650)

  • Ich kenne den Begriff "entwichen" in Urkunden am ehesten in Bezug auf den Versuch, sich dem Militärdienst zu entziehen, vor allem in Amtsblättern, verbunden mit der Aufforderung, solche Leute zu melden. Familien wurden mit Strafe bedroht, wenn vermutet wurde, dass sie den Aufenthaltsort kennen und nicht preisgeben.

    1815 war der Krieg ja gerade erst vorbei und der Vater konnte ja schon eine Weile weg sein.

  • Hallo


    Amtsblätter sind ein gutes Stichwort.


    Wenn er sich dem Militärdienst entzogen hat, dort nicht erschienen ist oder desertiert ist, dann könnte via Amtsblatt nach ihm gesucht worden sein.


    Wenn er in den napoleonischen Kriegen war und danach nicht mehr in seiner Heimat auftauchte, könnte es evtl. einen Verschollenenaufruf im Amtsblatt gegeben haben.


    Auch wenn er ausgewandert oder aus anderen Gründen verschwunden ist, könnte es evtl. einen Verschollenenaufruf im Amtsblatt gegeben haben (meist aus finanziellen Gründen).


    Gruss

    Svenja