Qualität (und Entstehung) von Online-Ortsfamilienbüchern

  • Hallo allerseits,


    ich stelle immer wieder mit Erstaunen fest, in welch kurzen Zeiträumen manche Autoren hier ein Online-Ortsfamilenbuch nach dem anderen "raushauen" (auch, wenn es sich beim näheren Hinsehen dann noch meist um sehr lückenhafte, häufig nur einen geringen Teil der gesamten Laufzeit umfassende Veröffentlichung handelt).

    Vor dem Hintergrund, dass ich meinerseits schon seit etlichen Jahren an einem Ortsfamilienbuch zu Vogelsdorf (Region Halberstadt) arbeite und immer noch neue Funde mache und meine Ergebnisse ergänze, würde mich sehr interessieren, ob es nun ein Fehler ist, seine Sachen lieber mehrfach zu kontrollieren und langsam zu arbeiten oder ob man lieber schnell, aber dafür im Zweifelsfalle falsch veröffentlichen sollte, nur damit einem niemand Anderes zuvor kommt.


    Ich möchte hier nicht unbedingt Kritik an den "Vielveröffentlichern" auf diesen Seiten üben (denen ich dem einen oder anderen gelegentlich mit meinen eigenen Forschungsergebnissen Korrekturhilfen geben konnte) frage mich aber sowohl danach, wie sie arbeiten, wie sie die Qualität ihrer Arbeit sichern und was für einen Qualitätsanspruch sie jeweils haben.


    Was meine eigenen Arbeiten betrifft: ich wäre mit ihnen sicherlich inzwischen fertig, wenn ich nicht noch so viele anderen Sachen am Laufen hätte (mein Job, meine Familie und meine eigene Genealogie haben für mich nach, wie vor Priorität), aber ich sehe auch, dass sich mir selbst jetzt, nach mehr als 14 Jahren (um die Zeit herum hat sich bei mir die Idee für das OFB ergeben) im Rahmen meiner "sonstigen" Forschung immer noch neue Ergänzungen finde und immer noch relevante Zusatzquellen jenseits der Kirchenbücher fehlen.

    Und ich frage mich gelegentlich, ob ich womöglich zu "pingelig" bin, weil ich Sachen lieber mehrfach überprüfe und Wert auf Vollständigkeit lege.

    Nichtsdestotrotz habe ich bisher schon gerne Unterstützung bei Fragen zu und aus den Orten gegeben, zu denen ich womöglich mehr an Material und Informationen habe, als Andere (insbesondere natürlich zu Vogelsdorf) und werde es auch weiterhin tun, so lange mein Ortsfamilienbuch noch nicht veröffentlicht ist!


    Grüße

    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Welchen Zweck soll ein OFB erfüllen? Es soll für andere Genealogen ein Nachschlagewerk sein, in dem sie für ihre eigene Arbeit leicht zugänglich verlässliche Informationen finden. Wenn man mit dieser Definition des Zwecks einverstanden ist, folgen daraus unmittelbar zwei Aspekte:


    (1) Ein OFB, das qualitativ Müll ist und vor Fehlern und Lücken nur so strotzt, ist keines, sondern dient, wie man annehmen darf, primär der eigenen Beweihräucherung.


    (2) Ein OFB, das nie fertig wird, weil auch noch die kleinste Lücke gefüllt und der unscheinbarste Fehler vermieden werden soll, ist auch keines, weil es nämlich niemandem in seiner eigenen Arbeit hilft.


    Diese beiden Pole existieren bei jeder wissenschaftlichen Arbeit und zwischen ihnen muss man eine adäquate Lösung finden. Mit dem Internet wurde es m.E. wesentlich leichter, diese zu finden. Im Gegensatz zu früher, wo Bücher gedruckt werden mussten und der Informationsfluss daher im Kern nur in eine Richtung ging (vom Autor zum Leser), ermöglicht eine Veröffentlichung im Internet einen bidirektionalen Informationsfluss, sofern man dem Leser die Möglichkeit eröffnet, Mitautor zu werden. Soll heißen: der Leser muss die Möglichkeit erhalten, Korrekturen und Ergänzungen unkompliziert an den Autor senden zu können. Am Ende des Tages wird dann so ein OFB ein Wiki-Projekt und es ist ohne Gewissensbisse vertretbar, ein OFB auch mit größeren Lücken zu veröffentlichen. Hauptsache ist, jemand macht mal den Anfang.


    Jetzt bräuchte man nur noch eine IT-Lösung, die einen solchen Ansatz sauber unterstützt. Wikitree.com hätte diesen Ansatz, ist dann aber leider von der technischen und auch konzeptionellen Umsetzung her so schwach auf der Brust (d.h. hat so viele ernsthafte Defizite durch fehlende Funktionalitäten), dass man damit auch nicht weiter kommt. Zur Not muss dann halt ein Link ausreichen, über den man Nachrichten an den Autor senden kann.

  • Hallo Giacomo, hallo Ulrch,

    Erstens gibt es hier bei den OFB's laufend updates und man kann den Verfasser immer anschreiben , wenn man einen Fehler entdeckt oder Ergänzungen hat. Das ist sogar ausdrücklich gewünscht. Die OFB's sind nicht in Stein gemeißelt und erheben auch nicht den Anspruch der Vollständigkeit. Ich finde es durchaus gerechtfertigt, dass man sich z.B. erstmal ein Kirchenbuch vornimmt , das muss man dann erstmal entziffern, da können sich dann durchaus auch mal Fehler einschleichen bei der zum Teil "Sauklaue" der Schreiber und zum Teil in Kirchenlatein. Diese fallen dann meistens Personen auf , die sich gerade mit dieser Familie beschäftigen und wissen , dass das nicht stimmen kann.


    Dass man dann diese Daten aus einem Kb veröffentlicht , finde ich durchaus gerechtfertigt. Sie werden sukksessive ergänzt und das passiert hier auch. Außerdem gibt es Lücken in den KB's, manche Jahrgänge sind nicht vorhanden. Wie soll man diese schließen? Hellseher sind wir alle nicht....
    Ich möchte hier ausdrücklich meinen großen Dank an die Verfasser ausdrücken, die Daten werden in eine ged- Datei geschrieben, nur so lassen sich auch Zusammenhänge darstellen. Es gibt z.B. viele Kb's die die Namen der Eltern eines Brautpaares nicht angeben. Da kann das beste Programm keine Zuordnung machen. Dafür stehen dann am Rand Personen gleichen Namens beim Aufrufen eines Kb's. Auch in Todesregistern sind die Eltern oft als unbekannt angegeben. Vielleicht ist das ja in Vogelsdorf anders?


    Ich finde eure Kritik unangebracht und auch den Personen gegenüber abwertend, die sich in ihrer Freizeit die Mühe machen , ein OFB zu erstellen. Das sind K E I N E Profis, sondern Ahnenforscher wie du und ich....

    Einen lieben Gruß

    Jutta

    Es ist nicht das Wissen, sondern das Lernen,
    nicht das Besitzen, sondern das Erwerben,
    nicht das Dasein, sondern das Hinkommen,
    was den größten Genuss gewährt.

    Carl Friedrich Gauß


    Suche FN Wittmann und Angeheiratete-FN Hoffmann/ Oberschlesien-FN Naujock /Ostpreußen

    Dauersuche Geburt Marianna ( Maria) Barbara Olschewski ca 1798 im Raum Dirschau

  • Hallo ihr beiden,

    ich würde das gerne nochmal ergänzen mit einem Beispiel. Gäbe es ein OFB Grenzdorf ( Wpr.) ev. kb Schöneck, kath kb Meisterswalde, dann wäre dort der Tod meines Ururgroßvaters verzeichnet. Die Angabe auch im Standesamtsregister bescheinigt ihm ein Alter von 99 Jahren und den Geburtsort , irgendwo aus dem Würtembergischen und als ev....., das stände dann auch so im OFB.
    Ich weiß aber , dass die letzten drei Angaben nicht stimmen, weil ich sein genaues Geburtsdatum kenne und auch den Geburtsort. Also schreibe ich den Verfasser an und dieser ändert dies dann auch... In meinem Fall durch das genaue Geburtsdatum, den genauen Ort in der Oberpfalz und als Religionszugehörigkeit kath.

    Es liegt also an uns allen, diese OFB's mit wachem Auge im Blick zu haben und Fehler wie der oben beschriebene, die der Verfasser nicht wissen kann, berichtigt.

    Oftmals gingen die Personen auch auf "Wanderschaft" in andere Kirchengemeinden , um ihre Kinder taufen zu lassen, obwohl sie den Ort nicht gewechselt haben, weil der Weg z.B. zur eigenen Kirche nicht möglich war. Solche Dinge bemerkt man dann erst, wenn man über den Tellerrand schaut. Das OFB ist auch in dem Fall "unvollständig".
    Einen lieben Gruß

    Jutta

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  • Hallo.

    Die online Ortsfamilienbücher sind schon eine tolle Sache. Bieten sie doch einen guten Anhaltspunkt - über Suche nach Nachnamen, oder über fremd Geborene und in der Fremde Verstorbene - nach seinen Ahnen zu suchen.

    Das man dann natürlich nochmal überprüfen muß ist wohl klar.

    Was für mich dann aber eigentlich unfassbar oder unverantwortlich (verwerflich) ist, das der Ersteller eines Buches; jahrelang kein Uptade macht - obwohl er mit Daten "zugeschüttet" wird. Nein, Ihm ist es wichtiger neue Bücher zu erstellen.

    Grüße

    Gildemeister

  • Ich finde eure Kritik unangebracht und auch den Personen gegenüber abwertend, die sich in ihrer Freizeit die Mühe machen , ein OFB zu erstellen

    Ich will hier keine wenig zielführende Diskussion vom Zaun brechen, aber es sollte eigentlich aus dem Kontext, in den ich meine Ausführungen gestellt habe, klar geworden sein, wie sie gemeint sind. Es geht nicht darum, pauschal irgendwelche Autoren von OFBs, deren Arbeiten ich sowieso nicht kenne, zu kritisieren und zu verunglimpfen. Es geht darum, OFB als das zu definieren, was sie eigentlich sein sollten, nämlich als das Ergebnis von Teamarbeit, das ständig kritisch hinterfragt und weiterentwickelt wird. Das setzt voraus, dass


    (1) die Weiterentwicklung auch technisch möglich ist (bei gedruckten OFB war es das de facto nicht) und dass


    (2) der Autor offen gegenüber dieser Weiterentwicklung ist und halbwegs agil auf identifizierte Fehler reagiert (nicht alle Autoren sind das -- siehe auch den Kommentar von Gildemeister).


    Wenn in meinen Ausführungen überhaupt Kritik enthalten war (was wohlgemerkt gar nicht meine Absicht war), dann nur gegenüber einer bestimmten Art von Autoren, die das kritische Hinterfragen ihrer Arbeitsergebnisse als persönlichen Angriff (miss-)verstehen und sich dagegen verschließen oder die -- siehe Gildemeister -- auf identifizierte Fehler unangemessen lange nicht reagieren.


    Ansonsten sehe ich an dem Beispiel mit dem Ururgroßvater, dass wir wohl weitgehend einer Meinung sind. Jedes OFB wird (wie jede wissenschaftliche Arbeit auch) Fehler und Lücken enthalten. Das kann nur dann ein Grund gegen eine Veröffentlichung sein, wenn die Fehler und Lücken so zahlreich sind, dass das OFB de facto unbrauchbar ist und womöglich mehr Schaden anrichtet als es nutzt. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist jede Veröffentlichung eines OFB nützlich und nur zu begrüßen. Ein OFB sollte nicht nach Perfektion streben, sondern nach Nützlichkeit, was automatisch auch bedeutet, dass OFB ohne Quellenangaben, die man verifizieren kann, wenig nützlich sind.

  • Hallo in die Runde

    Ich habe mal Zufallsgenerator gespielt und Kröpelin rausgesucht, dort sind umfängliche Quellen angegeben. Die Quellenangabe gilt aber auch für denjenigen, der eine Änderung oder Korrektur meldet Und sicher sollte man sich auch immer selbst überzeugen, manchmal ist das schwer, wenn die Unterlagen nicht frei zugänglich sind, aber dann kann man ja den Ersteller fragen....
    Hallo Ulrich, entschuldige bitte, es kam aber so ein bisschen rüber, weil du dich scheinbar aus Sicht eines Profis geäußert hast mit profimäßiger Herangensweise, ist ja auch ok, aber ich sehe auch, dass nicht alle Ersteller solch einen Hintergrund haben, wenn auch gleich ich als Mathematikerin, deine Ausführungen zum Erstellen von OFB's logischerweise gut nachempfinden kann. Also insgesamt eine tolle Sache diese OFB's

    Mögen noch viele folgen und wie überall im Leben, nichts und niemand ist perfekt

    Liebe Grüße

    Jutta

    Es ist nicht das Wissen, sondern das Lernen,
    nicht das Besitzen, sondern das Erwerben,
    nicht das Dasein, sondern das Hinkommen,
    was den größten Genuss gewährt.

    Carl Friedrich Gauß


    Suche FN Wittmann und Angeheiratete-FN Hoffmann/ Oberschlesien-FN Naujock /Ostpreußen

    Dauersuche Geburt Marianna ( Maria) Barbara Olschewski ca 1798 im Raum Dirschau

  • Zitat

    Die Quellenangabe gilt aber auch für denjenigen, der eine Änderung oder Korrektur meldet

    Selbstverständlich gilt die Aussage zu Quellen ausnahmslos für jeden, nicht nur für den Autor. Idealerweise sollte jedes Datum, das genannt wird, mit einer Quellenangabe versehen sein. Und zwar nicht nur, wie es oft der Fall ist, einfach nur pauschal als "KB Hintertupfing", sondern mit präziser Angabe der Seite, sofern das möglich ist. Ich bin gelernter Naturwissenschaftler und da ist das eine Selbstverständlichkeit, ansonsten fällt halt eine Publikation beim Peer Review durch und geht zurück an den Autor. Leider leisten sich auch die "Profis" aus den Geschichtswissenschaften unzählige Schlampereien mit der oftmals fadenscheinigen Begründung, dass das Originaldokument, das sie zitieren, ja keine Seitennummerierung hat. Aber es ist schlichtweg nicht akzeptabel, jemandem, der eine Aussage verifizieren möchte, dann zuzumuten, dass er/sie 1000 Seiten eines handgeschriebenen verblichenen Originals aus dem 17. Jhdt. durchsucht, bis er/sie die eine Stelle findet, die er sucht. Das ist de facto der Ansatz "Vogel friss oder stirb", aber mit wissenschaftlicher Arbeit hat das wenig zu tun.

    Zitat

    aber ich sehe auch, dass nicht alle Ersteller solch einen Hintergrund haben

    Das ist völlig korrekt, aber daher sollte auch die Community aktiv darauf einwirken und dabei helfen, dass definierte Mindeststandards auch umgesetzt werden. Die Community sollte den Autoren als Peer Review Instanz zur Verfügung stehen und dies auch aktiv tun, womit wir dann wieder beim Beginn unserer Diskussion wären. Ein Autor, der Peer Review als persönlichen Angriff versteht, ist kein Autor, sondern ein "Prediger ewig gültiger Wahrheiten". Niemandem hilft ein OFB, um bei diesem Beispiel zu bleiben, das unter der Maßgabe "wie schaffe ich möglichst schnell möglichst viele OFB" und "saubere Quellenangaben halten nur auf" (das ist übrigens ein wörtliches Zitat aus dem Gespräch mit einem Forscherkollegen) erstellt wurde.


    Und ja, selbstverständlich ist bei alten Dokumenten die saubere Angabe von Referenzen eine Wissenschaft für sich. In der Praxis wird man da immer wieder Kompromisse eingehen müssen. Um beim Beispiel "KB Hintertupfing" zu bleiben: hier wird in vielen Fällen die Angabe des Datums ausreichen, weil man damit in einem nach Datum geordneten Band schnell zur gesuchten Stelle kommt (sofern es keine "mehrfache Buchführung", d.h. mehrere Bände über den selben Zeitraum, gibt). Ich arbeite extensiv mit Briefprotokollen aus dem 17./18. Jhdt., die teilweise auch noch angesengt sind, und weiß, wovon ich rede ;) Aber mit ein bisschen Phantasie schafft man auch da eine seitengenaue Referenzierung.

  • Online OFBs können in der Qualität sehr unterschiedlich sein. Ich benutze sie gern, weil ich dadurch gute Hinweise erhalte, was aus Leuten geworden ist, die ihren Heimatort verlassen haben. Vorsichtshalber überprüfe ich die Daten so weit wie möglich, vor allem, wenn es sich um ein OFB handelt, in dem ich oft Fehler gefunden habe und dessen Ersteller eher ein "Sammler" ist, der sich selten die Mühe macht, die neuen Daten mit den alten zu verknüpfen.

    Der Vorteil eines Online-OFB ist aber sicher, dass es in Teamarbeit wachsen kann und der Ersteller jederzeit Updates und Korrekturen machen kann.

    Zu meiner Freude gibt es seit ein paar Wochen ein noch nicht extrem umfangreiches OFB unseres Nachbarortes, wo ich nun versuche, systematisch die Personen zu finden, die zu meinem Heimatort Bezug haben und konnte damit sowohl meine eigene Datei ergänzen wie auch der Erstellerin Hinweise geben, die sie dankbar aufgenommen hat.

    Solange es um ein OFB in Buchform geht, muss man mit einer jahrzehntelangen Arbeit rechnen, aber bei einem Online OFB habe ich andere Maßstäbe - nur wirklich schludrig gemachte (noch dazu, wenn bei mir abgeschrieben wird, aber Fehler, die ich längst korrigiert habe, damit weiter gegeben werden) ärgern mich.