Einwanderung / Besiedlung nach 30-jährigem Krieg

  • Hallo zusammen,


    auch meine Vorfahren scheinen in der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg in den Raum Siegelbach, Weilerbach, Erfenbach, Kaiserslautern ... eingewandert zu sein.

    Es kommen mehrere Ursprungs-Gegenden in Frage: Elsaß, Allgäu, Burgenland, Bregenzer Land, Basel...

    Nun ist ja nicht so, dass man aus Jux und Dollerei seine Heimat verlässt. Meist folgten die potentiellen Neusiedler irgendwelchen Aufrufen der jeweiligen Landesherrschaften. Und derlei Aufrufe wurden ja auch an die Herrschaften der Aufbruchorte geleitet.

    Hat man sich mit derartigen Aufrufen die Pfalz betreffend schon einmal auseinander gesetzt und die Ergebnisse niedergeschrieben?

    In meinem Fall tauchten meine Vorfahren erstmalig 1685 in einer Schatzungsliste Erfenbach betreffend auf.

    Welche weiteren Aufzeichnungen könnte es noch geben, in denen die Einwanderer von/für die Landesherren erfasst wurden.



    Gruß

    Ralf (Stutzenberger)

  • Hallo Ralf,

    nicht einfach eine Verbindung zu finden. Ich suche seit 6 Monaten täglich in Digitalisierung Zentren und habe manchmal einen kleinen Erfolg. Mal taucht mein gesuchter Leib Name auf mal in einer ähnlichen Schreibweise und dann geht es in die Vertiefung.

    Ich suche nach Kremp, Kremper, Krember, Kremb, mal Cremper, mal Kremyens mal Krempel geschrieben. Auch Veränderungen in Kramer, Krämer habe ich gefunden. Mein ältester Vorfahre ist Herman Kremper, im KB Wellmich Kremyens geschrieben bei der Taufe seiner Tochter Anna vom 23.10.1647. Der Name Kremp ist dort seit 1610 belegt. Aber woher kommen die Vorfahren?

    Gestern habe ich einen Kremper Herman in oder bei Alsenz gefunden, dessen Tochter heiratete 1569 dort einen Hans Cliff, könnte also ein Vorfahre sein. Etwas weiter südlich in Rockenhausen ist ja nach dem 30 Jährigen Krieg eine Familie Kremp eingewandert, ob es da Verbindungen gibt? Oder ob dieser Kremp vielleicht über den Rhein ist um vor den Grausamkeiten des Französischen Königs zu fliehen (1572, Verfolgung der Hugenotten).

    Diese Grausamkeiten durchzog da ganze Land bis 1690.

    Hier eine Kleine und Kurze Lektüre über diese Zeit in der Pfalz.

    Acr18E.tmp (uni-koeln.de)

    Grüße

    Rolf

  • Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen der Epoche 1648 bis 1685 einerseits und der Zeit nach 1685 andererseits. In der ersten Epoche, als in der Pfalz noch die reformierte Linie Pfalz-Simmern regierte. Karl Ludwig begann in der Pfalz sofort nach seiner Rückkehr mit der Anwerbung von Siedlern, bevorzugt natürlich Reformierte. So tauchen ab etwa 1650 die ersten französischen Namen im Gebiet der heutigen Pfalz auf. Leider gilt dies nur für die tatsächlich kurpfälzischen Gebiete, aber keineswegs für die geistlichen Territorien wie das Hochstift Speyer. Auch die Gebiete der Grafen von Leiningen (lutherisch) zeigen andere Herkunftsräume. Da die Herren aber mit der Anwerbung angesichts der weitgehenden Entvölkerung des gesamten südwestdeutschen Raumes nicht allzu streng in der Auswahl der Siedler waren, muss man in der Regel wirklich die Einzelfälle betrachten. Als Karl II. 1685 starb und die Kurpfalz an Pfalz-Neuburg fiel (Philipp Wilhelm, ab 1690 Johann Wilhelm ("Jan Wellem", reg. vor allem in Düsseldorf), drehte sich das Werbeverhalten um: Wir finden von dort an unter den neu zugezogenen "Franzosen" in der weit überwiegenden Zahl Katholiken. Da im Gefolge dieses Herrschaftswechsels der Pfälzer Erbfolgekrieg wieder französische Truppen ins Land brachte, die unter dem General Ezechiel de Mélac und dem französischen Kriegsminister Louvois nicht nur das gesamte Land nahezu flächendeckend verwüsteten, sondern auch unter den gerade erst heimisch gewordenen Reformierten Angst und Schrecken verbreiteten. Die meisten von ihnen setzten sich zum zweiten Mal in Bewegung und flohen weiter nach Osten, vor allem ins Hessische und Brandenburgische. Gleichzeitig mit dem Zustrom katholischer Siedler führte das dazu, dass wir in etlichen kurpfälzischen einen regelrechten Austausch von französischen Familiennamen beobachten. Auch hier gilt wieder: Die Zugehörigkeit zu verschiedenen Territorien kann andere Ergebnisse zeitigen. Wenn jemand behauptet, die französischen Namen in der Pfalz seien alles Hugenotten, so stimmt das nur noch zu einem geringen Teil. Die meisten französischen Familiennamen sind heute katholisch in den direkt kurpfälzischen Gebieten. Aber das sind nur Faustregeln.


    Die anderen Schwierigkeiten sind die üblichen: Die Siedler sind zwar in der Regel gut erfasst über ihren Bürgereid, der schriftlich festgehalten wurde und gebührenpflichtig war ("angeloben" und ähnliche Formulierungen). Allerdings hatten die tapferen Pfälzer Schultheißen und ihre Schreiber oft Probleme mit der Schreibung der Namen, sowohl der Familien als auch der Herkunftsorte. Und da muss man sich teilweise auf seinen Instinkt verlassen. Reformierte kamen oft aus der Schweiz, dem Jura und Südwestfrankreich, Katholiken oft aus Wallonien, Lothringen, Innerfrankreich, dem Elsaß, aber auch der Schweiz. Aber man wird im Einzelfall je nach Herkunfts- und Zielgebieten den Einzelfall betrachten und die Namen zu entziffern versuchen müssen.


    Ach so: Wer die Neusiedler gezielt auffinden will, kommt mit Kirchenbüchern nur schlecht weiter. Hier helfen, wo sie erhalten sind, in der Regel die Dorfgerichtsbücher und Gemeinderechnungen weiter, in denen die Angelöbnisse festgehalten wurden.

    Pfalz (FN Werle, Kraft, Blauth, Briegel, Antes, Heil), Finistère (FN Salaün, Bécam), Hzm. Schleswig (FN Studt, Bendixen [Brarupholz]), Schleswig-Holstein (FN Dierck)

  • Ahhh, ja, Dorfgerichtsbücher und Gemeinderechnungen. Herje, gibts sowas noch bei so kleinen Gemeinden wie Erfenbach, Siegelbach etc pp?

    Wenn ja, tatsächlich im Gemeindearchiv? Da müsste ich mich tatsächlich wieder auf die Reise machen.

    Mit meinem Namen und der div. Schreibweisen hätte ich wenig Probleme.

    Immerhin kann ich in solchen Dokumenten meine Stutzis einigermaßen schnell identifizieren.

    Für mich war halt oft die Frage: WO finde ich schriftliches zum Nachlesen. Gut, Kirchenbücher sinds dann eher nicht.


    Danke Ingo für diesen gelungenen geschichtlichen Abriss zu der Problematik.


    Gruß

    Ralf